Wie wird Sexismus definiert?
Grundsätzlich versteht man hierunter die Diskriminierung einer Person auf Basis des Geschlechts. Sie kann traditionell als offener Sexismus erfolgen oder als moderner Sexismus indirekt, etwa durch das Ablehnen der sozialen Gleichberechtigung aller Geschlechter oder durch Leugnen, dass Sexismus überhaupt existiert. Neosexismus beschreibt den inneren Konflikt, wenn etwa die Gleichwertigkeit von Frauen mit negativen Emotionen verknüpft ist.
- Hostiler Sexismus bezeichnet offen feindselige Angriffe auf das andere Geschlecht
- Benevolenter Sexismus zeichnet sich durch eine angeblich wohlmeinende, jedoch herabstufende Perspektive auszeichnet
- Ambivalenter Sexismus bezeichnet eine Kombination aus hostilem und benevolentem Sexismus1
Woher kommt der Begriff Sexismus?
Im Zuge der gesellschaftlichen Umbrüche und einer veränderten Sicht auf Themen wie Gleichberechtigung taucht die Bezeichnung als solche erstmals in den 60er-Jahren in der englischen Sprache auf. Ähnliche Prozesse hatten zur bewussten Wahrnehmung von Rassismus geführt, woran der Sexismus anknüpft. Sexismus meint in diesem Kontext nicht nur das Pflegen persönlicher Vorurteile, sondern auch offene oder verborgene Diskriminierung.
Eine wissenschaftliche Auseinandersetzung mit dem Thema fand erstmals Anfang der 70er-Jahre statt.2
In Deutschland findet das Wort zunächst 1976 im Buchs der Autorin Marlielouise Janssen-Jurreit Verwendung, die hinter dem Begriff eine breite Unterdrückung von Frauen in der Gesellschaft sieht.3
In welchen Formen taucht Sexismus auf?
Sexismus wird hierzulande vor allem als institutioneller Sexismus, institutionalisierter Sexismus und Alltagssexismus wahrgenommen.
Sexismus im Alltag
Institutionalisierter Sexismus
Institutioneller Sexismus
Sexismus und seine Unterteilungen
Der Oberbegriff umfasst als soziologisches Phänomen die Bereiche Geschlechterstereotype als kategoriegestützte Kognition, aktive Verhaltensweisen (primär in Form von Diskriminierung) sowie Affekte oder unreflektierte Vorurteile.
Unter Geschlechterstereotypen versteht man die kognitive Kategorisierung der Geschlechter und deren Reduzierung auf bestimmte als festgelegt angenommene Eigenschaften.
Diese Kategorisierung äußert sich als unreflektierte Affekte gegenüber einem bestimmten Geschlecht, also das Ausbilden von Vorurteilen.
Die Internalisierung dieser Vorurteile führt schließlich zu diskriminierenden Handlungen gegen bestimmte Personen.
Begriffsabgrenzung zu anderen Formen sexualisierten Verhaltens
Verschiedene gesellschaftliche Phänomene werden ebenfalls als Sexismus bezeichnet, vorwiegend sexuelle Belästigung. Darunter versteht man jedoch ein unerwünschtes Verhalten, dass die eigene Sexualität und die des Gegenübers in unangemessener Weise herausstellt. Sexuelle Belästigung wird als Verletzung der Würde einer Person angesehen sowie als Einschränkung ihres Sicherheitsempfindens. Dieses Verhalten schließt dabei eine große Bandbreite individueller Ansichten zur Sexualität ein, die nicht unbedingt sexistisch sein müssen.
Es muss also klar unterschieden werden zwischen dem Begriff Sexismus, der die soziale Konstruktion von Unterschieden vor allem zwischen Männern und Frauen in den Blick nimmt, und der sexuellen Belästigung als unangemessenes Verhalten auf die Geschlechter bezogen. Das eine bildet die ideologische Grundlage für Ungleichbehandlung, das andere resultiert als unerwünschte Verhaltensweise aus dieser Ideologie.
Im Gegensatz zu allgemeinem Sexismus, wie er zuvor bereits definiert wurde, kann zudem sexuelle Belästigung etwa am Arbeitsplatz, in der Schule oder in der Öffentlichkeit, bei entsprechender Beweisgrundlage juristisch bekämpft werden.
Im alltäglichen Sprachgebrauch werden beide Ausdrücke häufig synonym verwendet, da keine Unterscheidung zwischen soziologischem Oberbegriff und der konkreten Verhaltensweise besteht. Dies ist allerdings nicht korrekt.
Sexismus: Ursachen, Auswirkungen und Zielsetzung
Als Hauptursache für Sexismus bei Männern wird die Angst vor Infragestellung ihrer geschlechtlichen Identität angesehen. Auch innere Unsicherheit bezüglich der eigenen männlichen Geschlechtsidentität spielt mit hinein. Auch wurden diffuse Ängste vor einer gesellschaftlichen Destabilisierung durch das Aufbrechen hergebrachter Geschlechternormen und dem damit einhergehenden Abbau der Geschlechterhierarchie als Ursache für Sexismus identifiziert.
Um diese Ängste zu steuern, dient der Oberbegriff häufig bewusst oder unbewusst als Mittel der Machtausübung. Dadurch wird das Abhängigkeitsverhältnis bzw. das Machtgefälle unter den Geschlechtern verfestigt. Sexismus als Oberbegriff dominiert daher durchaus Personen bestimmten Geschlechts - geschieht diese Dominierung bewusst, würde das bedeuten, dass Machtausübung im Diskurs nicht nur als Nebeneffekt erwünscht, sondern dezidiert als Ziel angestrebt wird.6
Umgang und Ausprägungen von Sexismus
In unterschiedlichem Ausmaß und in diversen Formen sind sowohl Angehörige des weiblichen wie des männlichen Geschlechts betroffen.
Sexismus gegenüber Frauen
Sexismus gegenüber Männern
Sexismus statistisch gesehen
In einer 2001 veröffentlichten Studie zur Häufigkeit von betroffenen Männern wie Frauen hat sich gezeigt, dass vor allem Frauen zu den Leidtragenden gehören. Frauen berichten im Durchschnitt von bis zu zwei entsprechenden Vorfällen in der Woche. In der Studie gaben gehäuft Frauen an, psychisch unter den Folgen dieser Degradierung zu leiden. Verglichen dazu gab kaum ein Mann an, dass ihn die Reduzierung auf ein bloßes Objekt der Begierde tatsächlich zu schaffen mache.13
Quellen
1 Julia C. Becker: Subtile Erscheinungsformen von Sexismus. Online verfügbar unter: https://www.bpb.de/shop/zeitschriften/apuz/178674/subtile-erscheinungsformen-von-sexismus/, zuletzt geprüft am 28.04.2022
2 Clarice Stasz Stoll (Hrsg.): Sexism. Scientific Debates. Addison-Wesley, Reading, Mass. 1973.
3 Marie-Louise Janssen-Jurreit: Sexismus. Über die Abtreibung der Frauenfrage. München 1976, S. 702.
4 zeichensetzen.jetzt: Alltagssexismus. Online verfügbar unter: https://www.zeichensetzen.jetzt/alltagssexismus/, zuletzt geprüft am 29.04.2022
5 Charlotte Diehl: Die Sexismus-Debatte im Spiegel wissenschaftlicher Erkenntnisse. Online verfügbar unter: https://www.bpb.de/shop/zeitschriften/apuz/178670/die-sexismus-debatte-im-spiegel-wissenschaftlicher-erkenntnisse/?p=all, zuletzt geprüft am 29.04.2022
6 Frank N. Magill (Hrsg.): International Encyclopedia of Sociology. London 1995, S. 1541. 7: David Benatar: Introduction. In: The Second Sexism. Wiley-Blackwell, Oxford, UK 2012, ISBN 978-1-118-19233-7, S. 1-24, doi:10.1002/9781118192337.ch1.
7 David Benatar: Introduction. In: The Second Sexism. Wiley-Blackwell, Oxford, UK 2012, ISBN 978-1-118-19233-7, S. 1-24, doi:10.1002/9781118192337.ch1.
8 Melissa K. Ochoa Garza, Joe R. Feagin: Sexism. In: The Blackwell Encyclopedia of Sociology. John Wiley & Sons, Ltd, Oxford, UK 2019, ISBN 978-1-4051-2433-1, S. 1-2, doi:10.1002/9781405165518.wbeoss084.pub2.
9 Julia C. Becker, Chris G. Sibley: Sexism. In: Todd D. Nelson (Hrsg.): Handbook of prejudice, stereotyping, and discrimination. 2. Auflage. Psychology Press, New York 2016, ISBN 978-1-84872-668-0, S. 315-336.
10 David Benatar: Male Disadvantage. In: The Second Sexism. John Wiley & Sons, Ltd, 2012, ISBN 978-1-118-19233-7, S. 25-76, doi:10.1002/9781118192337.ch2
11 Ann Frodi, Jacqueline Macaulay, Pauline R. Thome: Are women always less aggressive than men? A review of the experimental literature. In: Psychological Bulletin. Band 84, Nr. 4, 1977, ISSN 1939-1455, S. 634-660, doi:10.1037/0033-2909.84.4.634
12 Alice H. Eagly, Valerie J. Steffen: Gender and aggressive behavior: A meta-analytic review of the social psychological literature. In: Psychologicaldoi:10.1037/0033-2909.84.4.634
13 Janet K. Swim: LISSN 0022-4537, S. 31-53, doi:10.1111/0022-4537.00200